MILANO - SANREMO 2005
























































































Respektvoll "La Classicissima" genannt und seit 1907 ausgetragen ist Milano - Sanremo (Mailand - San Remo) eines der fünf berühmtesten Eintagesrennen, der sog. Monumente des Radsports! Dabei ist es mit über 290 km das längste Eintagesrennen im Profi-Radsport!
Dieser Klassiker wird auch "La Primavera" (Fahrt in den Frühling) genannt, da er alljährlich im März ausgetragen wird. Und als Monument des Radsports wird er bezeichnet, weil er sich durch zwei Faktoren auszeichnet: Das Alter und die illustre Siegerliste :-) Und darum wollen auch wir daran teilnehmen ...

... allerdings haben wir uns für die später im Jahr auf der Originalstrecke stattfindende Amateur-Version des Lieblingsrennens von Erik Zabel entschieden. Wann und wie uns die Idee zur Teilnahme kam, ist im nachhinein nicht mehr zu klären. Letztlich war's wohl irgendwann im Winter, als wir auf der 200 Meter Bahn der Münchener Werner von Linde Halle einsam unsere Runden drehten.

Für die Teilnahme am Rennen finden sich schnell mehrere Interessierte.
Nachdem die
Teilnahmebedingungen bekannt sind entscheiden sich Christoph, Hans Dietmar, Michael und Thomas dafür, die Distanz von 298 KM in Angriff zu nehmen. Christoph meldet uns als offizielle Teilnehmer des www.rcconcordia.deRC Concordia München an und organisiert sonst allerlei mit dem Veranstalter des Rennens, der www.ucsanremo.itUnione Ciclo-Turistica Sanremo

Bei ein paar Treffen diskutieren wir ausgiebig über die Organisation unseres Trips. Da wir nicht genau wissen, was uns erwartet, entscheiden wir uns für eine gemächliche An- und Abreise mit dem Auto. In den VW Touran von Christoph passen tatsächlich vier Rennräder und deren Besitzer, sowie unser spärliches Gepäck hinein.

Die Anreise von München nach Mailand soll am Freitag stattfinden. Für Samstag planen wir die geruhsame Überführung des Wagens zum Zielort Sanremo. Sonntag würden wir das eigentliche Radrennen und Montag die Rückreise in die Heimat bestreiten. Das Hotel am Startort haben wir vorab, das Hotel in Sanremo vor Ort gebucht.

[Freitag, 10.6.05 - Anreise]

Christoph sammelt uns drei ein und wir beladen den Touran. Den Sitz hinten in der Mitte haben wir ausgebaut. Drei Räder laden wir der Länge nach durch, das vierte Rad steht quer im Kofferraum. Die Laufräder und unser Gepäck verteilen wir in den Lücken.
Dann geht es über Garmisch, den Zirler Berg und Innsbruck über den Brenner nach Sterzing. Natürlich nicht ohne vorher bei der "Mumie", einem skurrilen Shop für Radklamotten am Brennerpass gestoppt zu haben. In Sterzing machen wir gepflegt Mittagspause in einem Restaurant mit den typischen Tiroler Spezialitäten: Lecker:-)
Über die Autobahn geht es ganz locker weiter. Nur um Mailand herum wird der Verkehr etwas dichter. Wir erreichen unsere Bleibe, das Hotel Forum in Rozzano, ca. 20 km südlich von Mailand, wo Sonntag auch das Rennen startet. Die
Zimmer sind perfekt für Radsportler. Geräumig, gefliester Fußboden, eben ganz so, wie eine Fahrradwerkstatt auszusehen hat...
Abends fahren wir ins 30 KM entfernte Pavia zum Abendessen, da Rozzano so etwas wie Mailands Bronx bzw. Münchens Hasenbergl ist :-) Dort laufen wir etwas durch die Stadt und finden einen tollen Platz mit Pizzeria. Hier tobt der Bär, diese Pizzeria ist "the place to be". Die
Pizzen schmecken in so einer Atmosphäre doppelt gut.

[Samstag, 11.6.05 - Logistik]

Da wir ohne Begleitfahrzeug unterwegs sind, müssen wir uns noch um den Touran kümmern, denn der soll Sonntag Abend in Sanremo am Hotel stehen. Nach einem typisch italienischen Frühstück - wir planen schon den Kauf von mehreren Kilogramm Müsli! - holen wir an der Kartrennbahn "Big", an der das Rennen auch startet, unsere Startunterlagen ab. Das Trikot - welches wir noch in der Größe tauschen können, die Transponder, bisschen Verpflegung etc.
Bei der Anmeldung kommen wir mit anderen Fahrern ins Gespräch: Das
Fahrerfeld ist international gemischt (CH, D, F, NL, B, SP, A etc.) Einige Belgier erzählen was vom 32er Schnitt und dass Du an der Küste "met wind op de kop" fährst. Noch sind wir beeindruckt.
Danach fahren wir mit dem Touran auf der
Autobahn nach Ovada, wo wir auf die Originalstrecke wechseln. Wir wollen uns die Überfahrt über den Turchino ansehen. Hier treffen wir auch einige Radgruppen an, die ihr Versorgungsfahrzeug am Pass stehen haben und den Pass schon mal abfahren.
Ab Genua verläuft die Strecke an der Küste entlang. Wir wollen eigentlich noch Cipressa und
Poggio ansehen, denn vor diesen giftigen Steigungen haben wir doch einen Heidenrespekt. Doch die Zeit drängt.
In Sanremo
angekommen ist gleich das erste Hotel der Volltreffer! Nahe am Bahnhof und der Küste gelegen (mit Meerblick!), mit einem Abstellplatz für den Touran bis Montag und zwei äußerst netten alten Grazien; klar, das Hotel hieß Graziella :-)
Bei
Pasta an der Hafenpromenade loten wir die Stimmungslage aus: eigentlich ist die Stimmung gut, nur macht uns das Wetter und der Gegenwind Sorgen. Naja, zuerst geht es mit der Bahn direkt am Meer entlang und dann mit dem Taxi zurück ins Hotel nach Rozzano, wo die Räder ungeduldig warten.
Am Körper tragen wir jetzt die ältesten Klamotten, die wir besitzen. Diese werden wir im Hotel in Rozzano zurücklassen, denn auf Gepäck während des Rennens wollen wir verzichten.
Abends suchen wir noch das Restaurant-Cafe von Marianna auf, eine Empfehlung des Hotelportiers. Dort sind wir wirklich mitten im italienischen Leben der Hasenbergl-Bronx von Mailand!

[Sonntag, 12.6.05 - Das Rennen]

Im Forum Hotel übernachten über 30 Fahrer des Rennens, so gibt es morgens um 5:30 Pasta, belegte Brote, Müsli und den italienischen Standard zum Frühstück.
Wir
rollen zum Start, der nicht weit entfernt ist. Dort reihen wir uns nach der Initialisierung der Transponder ins Starterfeld ein. Es gilt: first come, first out.
Pünktlich geht es los und wir stürmen mit dem Feld voran. Der Tacho zeigt 47 km/h, manchmal 50 km/h. Im Windschatten des riesigen Fahrerfelds kein Problem. Leider muss Michael ziemlich bald zum unprofessionellen Austreten anhalten. Das Feld rast unerbittlich weiter und der Arme steht vor der fast unlösbaren Aufgabe wieder Anschluss zu finden. Nach einem viertelstündigen "Einzelzeitfahren" kann er sich schliesslich ziemlich erledigt und mit hängender Zunge hinten im Peloton einreihen. Respekt! Gute Leistung!!!
Das Wetter wird sich noch in der Po-Ebene zu Sonnenschein und 25 Grad durchringen. So rauschen wir mit 800 Fahrern über voll gesperrte Strassen die ersten 120 km dahin, nur unterbrochen durch paar Ortsdurchfahrten. Tausende jubelnde Menschenmassen applaudieren dabei an den Strassenrändern! ... naja, vielleicht etwas übertrieben ausgeschmückt ;-)
Wir erreichen Ovada, wo die Turchino-Auffahrt startet. Unser kleines Team fliegt nur so an versprengten Fahrern und kleinen Gruppen vorbei und wir streben der ca. 150 Fahrer umfassenden Spitzengruppe entgegen, die sich am Anstieg abgesetzt hat.
Ein
gerissener Schaltzug lässt uns den Anschluss an die Spitzengruppe verlieren. Wir versuchen bei einem der Service-Motorräder und auch bei Begleitfahrzeugen anderer Teams einen Ersatzzug zu organisieren. Erfolglos! Niemand hat so ein Teil dabei bzw. will es rausrücken. So quält sich Thomas die letzten 160 km mit nur 2 Gängen weiter: 39/14 und 53/14 (Christoph hat das Schaltwerk auf dem 14er Ritzel fixiert.) Mit diesem Handicap ist an eine Spitzenposition nicht mehr zu denken.
Am Pass oben ist es bewölkt, aber trocken. Wir versorgen uns mit Wasser und essen einen Riegel während wir auf Thomas warten. Nach der Abfahrt , die Thomas mit einem Abstecher in eine Bushaltestelle souverän hinter sich bringt, finden wir uns in einer Gruppe wieder, die aus ca. 15 Fahrern besteht. Vor dieser Gruppe hält ein laut hupendes Motorrad mit Fahnen die Kreuzungen frei und stoppt den Gegenverkehr; der Rücken wird uns durch eine mit Sirene fahrende Ambulanza freigehalten. So rasen wir mit 35-45 km/h
durch die Städte und an der Küste entlang! Das ist schon Wahnsinn. Dabei machen wir vier Concordianer mächtig Dampf und liefern eine gute Führungsarbeit ab.
Nur die Versorgungsstation Spotorno bei km 205 und unsere leeren Trikottaschen lassen uns eine Pause einlegen. Wir
ziehen Zwischenbilanz: es läuft super gut bisher, der Gegen-/Seitenwind hält sich in Grenzen, die Sonne liefert bis zu 30 Grad! Allerdings weicht die Euphorie, als wir zu viert einen eigenen Zug aufmachen; ohne führendes Motorrad und schließende Ambulanza. Auf der weiteren Fahrt immer direkt an der Küste mit spektakulärer Kulisse sammeln wir wieder einige Fahrer auf.
Dann geht es nach palmenbestandenen Strandboulevards in die Capi: Zuerst Mele, dann Cervo. Hier gibt es wieder
Verpflegung , wir machen aber selbstverständlich nur wegen der tollen Aussicht auf's Mittelmeer Pause:-) Dann geht's wieder die Küstenstrasse hinab Richtung Capo Berta.
Wir verabreden bis zur Cipressa zusammen zu bleiben, danach soll jeder fahren wie er will und kann. Auf dem Poggio wollen wir dann wieder zusammentreffen, um gemeinsam über die Ziellinie in San Remo zu rollen.
Leider ist unser Info-Material fehlerhaft: Es weist oben auf der Cipressa eine Kontrolle und das Ziel in Sanremo aus. Richtig ist aber, dass bereits auf dem Poggio das Ziel ist.
Bei inzwischen 30 Grad steigen wir alle gemeinsam in die Cipressa ein: Schnell setzen sich Christoph und Hans Dietmar
ab; allerdings schließt Thomas (mit seinem 'leichten' Gang!) noch einmal auf, bevor Hans Dietmar und Christoph sich langsam davon machen. Michael fällt zurück. Seine Aufholjagd zu Beginn des Rennens hat einfach zu viel Körner gekostet.
Die Cipressa erreicht Hans Dietmar als Erster. Mit etwas Abstand folgen Christoph und danach Thomas. Wir registrieren die fehlende Kontrolle und machen uns auf die Abfahrt. Dort kommt es zwischen Christoph und Thomas zum Zusammenschluss.
In den rund 13 km am Meer entlang kämpft sich Hans Dietmar allein Richtung Poggio. Christoph und Thomas bilden eine Zweiergruppe und können sich so wenigstens ab und an im Windschatten des anderen ausruhen. Michael ist weiter zurück und versucht sich erneut in seiner Spezialdisziplin, dem Einzelzeitfahren.
Am Fusse des Poggio ist jeder auf sich allein gestellt. Nach 290 KM stellt dieser eigentlich gar nicht so steile und lange Anstieg doch eine echte Herausforderung dar
Hans Dietmar erreicht das Ziel, welches sich zu unser aller Überraschung auf dem Poggio und nicht in San Remo befindet, nach 8:55 reiner Fahrzeit. Eine Minute später überquert Christoph, eine weitere Minute später Thomas die Ziellinie. Weitere sechs Minuten danach
kommt Michael an.
Nach gegenseitigen
Gratulationen und den üblichen Siegerphotos fahren wir zusammen hinunter nach Sanremo zur Pasta Party.
Allmählich reicht's uns jetzt auch mit Rennradfahren. Wir wollen endlich zu unserem Hotel, wo der
Touran mit frischen Klamotten wartet. Relaxen ist angesagt. Wir sind mit dem Fahrrad zum Mittelmeer gefahren und nun wollen wir natürlich auch da rein. Das Wasser ist kalt, aber das Bad ist zusammen mit dem anschließenden Jubel-Bier genau der richtige Abschluss eines fantastischen Renntages.

[Montag, 13.6.05 - Heimreise]

Wieder ein italienisches Frühstück, dann Beladen des Turan und Abfahrt, zuerst noch mal über den Poggio mit Blick zurück auf Sanremo. Aus Zeitgründen haben wir uns gegen den Colla di Tenda und Weinproben im Piemont entschieden; so geht es auf direktem Weg über Mailand und Verona Richtung Brenner, vorher nur unterbrochen durch einen Autogrill-Stopp und eine Pasta- und Pizza-Pause in Terlan, und über Zirler Berg und Garmisch nach München, wo wir die restlichen Euro der Club-Kasse plündern und zusammen Eis essen gehen.




Fazit

Unbedingt wiederholen! Und zwar möglichst in Mannschaftsstärke, also mit mindesten acht Rennfahrern.
Zu verbessern ist die Verpflegung und Versorgung durch ein Begleitfahrzeug; das kann eine Stunde Pause sparen. Dann ist es auch möglich, Kleidung, Werkzeug, Ersatzteile nicht im Trikot verstauen zu müssen. Außerdem kann ein Tag der Anreise (Überführung des Touran von Milano nach Sanremo) gespart werden.

Als vorteilhaft hat sich bei unserer gut harmonierenden, kleinen Gruppe der Fraktionszwang herausgestellt. Zu viert konnten wir in jeder Gruppe vorne fahren und das Tempo bestimmen. Bei Defekt konnten wir gemeinsam aufholen und an vorne Fahrende aufschliessen.

Gekostet hat das ganze Arrangement inkl. Automiete, Sprit, Vignetten und Autobahngebühren, 3 Übernachtungen mit Frühstück, Startgebühr, Bahn- und Taxifahrt, 5 Mahlzeiten, div. Stopps am Autogrill ca. 480 Euro.

Wir sind 8:55 netto und 9:49 brutto unterwegs gewesen; das entspricht einem Schnitt von 32.3 km/h bzw. 29.3 km/h auf 287.6 km. Es galt 1774 Hm zurückzulegen.


Tabelle

Hier ein Auszug aus der offiziellen Ergebnisliste des Veranstalters.
Gestartet sind rund 800 Fahrer und Fahrerinnen; wer nach 17:00 an der Cipressa ankam, wurde nicht mehr über Cipressa und Poggio di Sanremo geleitet und taucht in der Tabelle nicht auf, da die Zeitnahme auf dem Poggio stattfand.



Bericht & Photos by Hans Dietmar Jäger/Thomas Marx · © 2005




MILANO - SANREMO 2006


















































































NATÜRLICH haben wir es 2006 dann nochmal gemacht. Diesmal in Mannschaftsstärke mit neun Rennfahrern vom RC Concordia und unserem Busfahrer Klaus.
Milano Sanremo war auch 2006 das erwartet grandiose Ereignis. Nicht erwartet hatten wir allerdings diesen überraschenden wie spannenden Rennverlauf.

Copyright Hans Dietmar Jäger

Mit dabei (v.l.n.r): Hartmut (Hartl) Schabel, Christian Gebauer, Christoph Albrecht, Philipp (Rapido) Geisert, Horst Schwanke, Bernd Reindl, Thomas (Thomson) Wimmer, Thomas Marx, Hans Dietmar (H.D.) Jäger.




Milano-SanRemo 11.06.2006 (Version Thomson)
oder wie man sich zu weit aus dem Fenster lehnt !

Auch für mich war dieses Jahr das Rennen Milano-SanRemo der totale Kracher und ein absolutes Highlight. Vorab gleich mal ein riesiges DANKESCHÖN für die super Organisation des ganzen Unternehmens.

Thomas Marx, Phillip Geisert und die Wirtin Marianna (Copyright Hans Dietmar Jäger)Nachdem wir in der Pizzeria in Milano am Vorabend eine Menge Spaß mit der Wirtin, Wein, Bier und Limoncello hatten ging's für mich höchst nervös ins Bett. Am nächsten Morgen fährt das Concordia Geschwader vom Hotel in Richtung Start. Ich bin total aufgeregt, als ob ich zuvor noch nie an einem Rennen teilgenommen hätte. Ich freue mich als ich endlich nach dem Startschuss die Kurbel drücken darf.

Auf den ersten Kilometern muß man höllisch aufpassen, da das ganze Feld ein einziges Geschiebe und Gedränge ist. Ich fahre relativ weit nach vorne und treffe dort Phillip (Rapido), es war ja eigenlich klar, daß er sich im vorderen Teil platziert hat. Wir schwurbeln so dahin und werden auch immer wieder auseinandergerissen. Es ist eine unglaubliche Bewegung im Feld.

Bei einem Versuch weiter nach vorne
zu fahren komm ich einfach nicht mehr seitlich ins Feld und beschliesse dann "hey, dann fahr ich halt ganz vor, einmal bei Mailand-SanRemo vorne fahren ist auch cool!".
Gesagt getan, setzte ich mich vor
den Ersten im Hauptfeld und geb Gas (bei km 5). Bei einem Blick nach hinten sah ich, daß Phillip direkt an meinem Hinterrad klebt und einige Meter hinten das Feld fährt. Gut, dann fahren wir halt weiter.

Wir
sammeln noch einen Italiener auf und fahren zu dritt vorne weiter, bis Phillip meinte: "Tempo raus, da kommt noch einer von Concordia!". Kurz darauf können wir Horst erkennen, der sich sofort an die Spitze unserer nun 4er Gruppe setzt und Vollgas gibt das es nur so scheppert. Ich muß ganz schön reintreten um das Tempo mitzuhalten. Es macht tierisch Spaß und das Feld distanziert sich immer weiter von uns.

Phillip hat alles im Blick und meinte nur, daß im Feld eine Aufholjagd nach der anderen gestartet wird. Horst brettert wie ein Verrückter dahin und als er bei Tempo ca. 50 km/h einen animalischen Urschrei loslässt bekommt es glaub ich, soweit ich es in seinen Augen gesehen hab, unser vierter Mann (vermutlich Italiener) mit der Angst zu tun. Als dieser mal kurz vorne ist fällt sofort das Tempo runter. Doch Rettung naht. Horst kommt nach vorne geschossen mit einem "so werd des nix !" und reisst wieder voll an. Phillip und ich kriegen uns nicht mehr ein. Super !!!!!!

Da wir denken, daß wir die ersten sind , was sich aber
später als falsch herausstellt, sind wir wahnsinnig motiviert und geben immer noch Vollgas. Es sind ja nur noch gute 200 km. Irgendwann verabschiedet sich Horst, der uns einen riesen Vorsprung vor dem Feld rausgefahren hat. An dieser Stelle vielen Dank Horst, du hast uns ein irres Rennen beschert.

Irgendwann schließt eine kleine Gruppe zu uns auf, von denen aber nur zwei/drei Leute zum vorne fahren zu gebrauchen sind. Es wird begonnen Kreisel zu fahren. Wir knallen durch die Pooebene und ich denke mir nicht nur einmal, daß ich dieses Tempo nicht mehr lange durchhalten werde. Aber egal, der Spaß war's auf alle Fälle wert, auch wenn ich im Besenwagen ins Ziel kommen muß. Es ist eh erstaunlich wie lange man im Grenzbereich zwischen voll reintreten und Krämpfen fahren kann :-)

Es herrscht ein unglaubliches Rennfeeling. Vor uns wird die Straße von der Polizei und Rennleitung freigeräumt, Roller und Motorräder fahren vor und neben uns und geben uns leider nur auf italienisch Zeitabstände und Infos über die Verfolgergruppen durch. Irre, ich komm mir vor wie ein Rennfahrer.
Als wir einen Fahrer mit Startnummer einholen schau ich nicht schlecht und denk mir, wo der denn jetzt
herkommt. Phillip fragt ihn und er berichtet, daß er aus einer drei Mann starken Ausreissergruppe herausgefallen ist die wirklich die ersten sind. Ich bin kurzzeitig etwas enttäuscht, daß ich doch nicht ganz vorne war.

Abhilfe: Gas geben und uns die anderen holen, die nur noch ca 20 s vor uns fahren. Das
überlebten nicht alle aus unserer Gruppe. Es dauerte auch nicht lange und wir hatten sie. Jippi, endlich geschafft. Phillip und meine Wenigkeit fahren bei Mailand-SanRemo ganz ganz ganz vorne mit.
Auftrag
erfüllt. Jetzt hätte ich eigentlich wieder heimfahren können.

Wir brettern weiter Richtung Turchino, ziemlich zu Anfang der Steigung finde ich einen Wahnsinns-Tritt und knall den Berg in einem, für mich, Affentempo rauf. Ein Blick über die Schulter und ich sehe die ganze Gruppe aufgereit hinter mit herfahren. Ich fühl mich super, das hat wohl das Rennfeeling gemacht. :-)

Bei ein paar Häusern in einer 90° Kurve macht eine Frau ein Foto von mir, wie ich gerade in totaler Schräglage den Berg hochfahr. Ich hab die Szene jetzt noch vor Augen. Ich kann leider nicht mehr sagen, wieviel wir draufhatten. Kurz vor oben steht auf einmal ein Einheimischer mit seinem Mountainbike mitten auf der Straße und quatscht mit ein paar Zuschauern und sieht uns trotz unserer Schreie viel zu spät. Ich knall ihm fast rein als er erst links, dann rechts ausweichen will. Mein Tritt ist weg.

Die Küstenstraße Richtung Sanremo (Copyright Hans Dietmar Jäger)
Bei der Abfahrt werden wir von einer riesen Gruppe überholt, die uns anscheinend schon sehr knapp auf den Fersen war. Auf der Küstenstrasse angelangt versuche ich an dieser Gruppe dranzubleiben, was mir aber unheimlich schwer fällt, da ich den Großteil meines Pulvers schon verschossen hatte. Ich bleib hinten dran, stopfe mir Riegel rein, trinke was und versuche mich wieder etwas zu erholen.
Das Tempo
wird permanent hoch gehalten und es ist super stressig mit einer so großen Gruppe durch die Küstenorte zu fahren. Nach kurzem sehe ich Phillip schon wieder vorne mitmischen und denk mir nur, daß er's einfach nicht sein lassen kann und er voll im Rennfieber ist.

Im hintern Teil der Feldes merkt man, daß
schon sehr viele Fahrer am Filter sind. Vor mir bremst ein Fahrer leicht und es krachen ihm gleich zwei weitere voll hinten rein. Ich hatte Glück und schaffte es gerade so mit blockierenden Hinterreifen an dem Knäul aus Rädern und Fahrern vorbeizukommen.

Da ich wusste, daß ich auf den letzten zwei Anstiegen kurz vor SanRemo die Gruppe nicht mehr halten hätte können hab ich mich entschlossen an der letzen Labestation bei ca. km 250 das erste mal einen Fuß auf den Boden zu stellen. Phillip ist auch mit raus gefahren und wir haben beschlossen nach der Pause das Rennen nur noch zu Ende zu bringen. Egal in welcher Zeit. Ich hab mein Rad auf den Boden gelegt und merkte dann erst richtig, wie platt ich war. Taumelnd hab ich mir zwei-drei Becher Cola reingeschüttet und zwei Bissen Kuchen genommen. Alarm!! mir wurde schlecht, war kurz vorm kotzen. So fertig war ich vom Radfahren noch nie, dachte ich mir.

Phillip, Thomson und Horst im Ziel (Copyright Hans Dietmar Jäger)
Wir sind wieder auf's Rad und sind das Rennen noch einigermaßen gut zu Ende gefahren. Auf dem vorletzten Anstieg hat mich HD überholt, der sich anscheinend seine Kräft etwas besser eingeteilt hatte. Zum Poccio hoch hab ich mich noch mit ein paar Fahrern gematcht und bin mit letzter Kraft über die Ziellinie gefahren. Ich war überglücklich. Was für eine Aktion. Ich kann's immer noch nicht glauben was Horst, Phillip und ich da gemacht haben. Es war eines meiner besten Rennen die ich je mitgefahren bin.

Jederzeit wieder !!!!!!!!!

Bin ja mal gespannt, was mich da mit Concordia noch alles erwartet.

Thomson




Rennbericht Bernd Reindl (pdf 6,3 KB)
Rennbericht Rapido (pdf 11 KB)

www.ucsanremo.itRennbericht H.D. (www.jaggger.de)

Philipp mit unserem Pokal (Copyright Hans Dietmar Jäger)



Tabelle

Hier ein Auszug aus der offiziellen Ergebnisliste des Veranstalters.